Fachkräftemangel: Modellprojekt für Oberberg soll Flüchtlinge in Arbeit bringen
Waldbröl – Fachkräfte fallen nicht vom Himmel, das weiß man. „Doch noch immer kümmern sich viel zu wenige Unternehmer um künftige Beschäftigte“, kritisiert Stefan Krause, Bezirksgeschäftsführer der Agentur für Arbeit. Wer nur auf fertige Bewerber warte, der werde schon in naher Zukunft leer ausgehen, so Krauses finstere Prognose. Peter Peisker, Lager- und Logistikunternehmer in Waldbröl, kann das nur bestätigen: „Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt – keine Kraftfahrer, keine Lagerkräfte.“ Dringend aber möchte der 65-Jährige seine 70-köpfige Mannschaft verstärken.
Die Sprache bleibt das größte Problem
So hat der Unternehmer an einem Modellprojekt für Oberberg teilgenommen: Seit dem 25. Mai haben bei ihm Flüchtlinge jeweils für zwei Wochen ein Praktikum absolviert, sowohl in den Lagerhallen als auch im Lastzugcockpit. Am Freitag war für Tesfaldet Gebremicael (38), Gobve Tewiemuriam (26) und Filmon Gwesh (24) der letzte Tag – vorerst. Denn den drei Männern aus Eritrea will Peisker Ausbildungsverträge ausstellen. Im August, spätestens im September, soll ihre Lehrzeit beginnen. Zwölf Flüchtlinge waren es, die sich in dem Speditionsbetrieb an der Industriestraße umgesehen haben: Fünf von ihnen will der Chef zu Berufskraftfahrern, wahrscheinlich drei zu Fachkräften für Lagerlogistik ausbilden. „Sie haben sich bewährt“, lobt Peisker.
Tewiemuriam hat bereits in seiner Heimat am Lastwagenlenkrad gesessen, auch im Oberbergischen möchte er diesen Beruf ausüben: „Endlich möchte ich arbeiten“, betont er. Sein Lkw-Führerschein ist in Deutschland aber nicht gültig, er muss Fahrstunden nehmen und die Prüfung meistern. Die Kosten dafür tragen die Kooperationspartner Arbeitsagentur und Jobcenter, das Geld kommt aus Förderprogrammen. „Es lohnt sich, mal den umgekehrten Weg einzuschlagen“, betont Jobcenter-Geschäftsführer Rainer Drescher und meint, dass Asylbewerber noch während ihres Verfahrens fit gemacht werden für eine spätere Arbeitsstelle. „Und nicht erst dann, wenn das Verfahren und alle Kurse abgeschlossen sind.“ Das Jobcenter habe den Ehrgeiz, die Vermittlung für Arbeitgeber passgenauer zu gestalten und die Wege auf der Suche nach Fachkräften zu verkürzen: „Dabei ist ein solches Praktikum im laufenden Betrieb schon mal eine sehr wertvolle Hilfe“, findet Drescher.
Weitere Firmen werden gesucht
Jetzt hoffen die Beteiligten, dass sich rasch andere Firmen finden, die Flüchtlingen eine Chance geben. „Vermittelt werden Menschen, bei denen es wahrscheinlich ist, dass sie in Deutschland bleiben“, nennt Jörn Wolff, Koordinator beim Jobcenter, einen wesentlichen Punkt, der Arbeitgebern die Scheu nehmen soll, in dieses Qualifizierungsprojekt einzusteigen. „Mir hat das großen Spaß gemacht“, verrät Tesfaldet Gebremicael. Und er freue sich, dass er bei Peisker bleiben kann: „Die Kollegen hier sind unglaublich freundlich.“ Der Chef und sein Betriebsleiter Thomas Drögemeyer blicken heute gelassener in die Zukunft. „Es hat sich jedoch auch gezeigt, wie wichtig Sprachkenntnisse sind“, sagt Drögemeyer und macht keinen Hehl daraus, dass es bei Lagertätigkeiten durchaus Schwierigkeiten gegeben habe – ein Grund dafür, warum aus der ursprünglichen Gruppe nicht alle Flüchtlinge das Praktikum beendet haben. „Lagerarbeit ist keine Handlangertätigkeit auf Hilfsarbeiterniveau“, betont auch Peisker. Überhaupt bringe die Schulung von Flüchtlingen einen höheren Aufwand für den Arbeitgeber in der täglichen Begleitung und Betreuung mit sich, weiß Agentur-Geschäftsführer Krause. Er lobt den Ur- Waldbröler Unternehmer für seinen Mut und die Weitsicht: ,,Am Ende profitieren alle.“ Da habe Peter Peisker eindeutig die Zeichen der Zeit erkannt, so Krause.